Chiusi - Stadt der Etrusker - Sehenswürdigkeiten Toskana
Reise in die Vergangenheit
Chiusi liegt auf einem Hügel mit weitem Blick über das Chiana-Tal und ist wegen seiner günstigen Lage schon seit der Bronzezeit (1500 v.Chr.) besiedelt.
Ab 700 v.Chr. entstand dort die etruskische Stadt Clevsin, die unter dem König Porsenna ihre größte Blütezeit erlebte. Im Jahr 507/506 v.Chr. soll er sogar Rom erobert und Tributzahlungen eingefordert haben – ganz schön mutig, sich als Herrscher einer Kleinstadt mit dem großen Rom anzulegen!
Auch nach dem Ende des etruskischen Städtebundes und der Einverleibung in das Römische Reich 264 v.Chr. blieb Chiusi als Handelsstadt bedeutend und wohlhabend.
Heute ist Chiusi eines dieser verschlafenen mittelitalienischen Städtchen, ohne großen Touristenrummel, mit einem wunderbar erhaltenen mittelalterlichen Stadtbild, kleinen Gassen und Plätzen, die einen in die Vergangenheit reisen lassen.
Das unterirdische Chiusi
Unser Besuch in Chiusi soll ganz im Zeichen der Etrusker stehen. Der erste Weg führt uns in das Museo Civico, von dem aus Führungen in die unterirdischen Gänge gemacht werden.
Die Etrusker hatten ein enges Netzwerk von unterirdischen Wasserleitungen in das weiche Gestein unter der Stadt gehauen, um die Stadt an allen Stellen bequem mit Wasser aus den Reservoirs versorgen zu können. Das ausgeklügelte System verfiel bereits in der Römerzeit und wurde erst im Mittelalter wieder zumindest teilweise freigelegt. Einige der Gänge wurden erweitert und dienten als Keller unter den Häusern.
In einem Teil wurden die so zahlreich gefundenen Sarkopharge aus den Etruskischen Grabstätten eingelagert, da in den Museen nicht genügend Platz ist. Das Bild trügt also, es sind hier keine Katakomben, sondern nur das "Gerümpellager" der Museen.
Der nette Führer erklärt geduldig, hilft beim Entziffern der etruskischen Inschriften und gibt Anekdoten zum besten, wie die unterirdischen Gänge beispielsweise recht hilfreich waren für heimliche Techtelmechtel ...
Etruskische Grabstätten
Da von den etruskischen Städten so gut wie nichts übrig geblieben ist – die Städte waren überwiegend aus Holz gebaut – sind vor allem die Grabstätten Zeugnisse etruskischer Kultur. Außerhalb von Chiusi befinden sich einige in den weichen Tuffstein gehauene Grabkammern, die man über schmale Treppen erreicht.
In der sogenannten „Grabkammer mit dem Affen“ (5. Jh. v.Chr.) bewundern wir an den Wänden einen Freskenzyklus mit Wagenrennen, Ringkämpfen, tanzenden Frauen und Flötenspielern. Versteckt in einem Busch ist mit etwas Phantasie ein kleiner Affe zu erkennen, der der Grabkammer den Namen gab.
Mythisches Mausoleum der Etrusker
Der römische Geschichtsschreiber Plinius der Ältere erwähnt, dass sich unterhalb von Chiusi das pyramidenförmige Mausoleum des Herrschers Porsenna befinden soll, mit einem enormen Goldschatz:
ein goldener Wagen, gezogen von zwölf Pferden aus purem Gold und dazu ein goldenes Huhn mit 5000 goldenen Küken – der Anzahl der damaligen Einwohner der Stadt Clevsin.
Das spornte natürlich spätestens ab dem 19. Jahrhundert das Interesse von Forschern, die Gier von Grabräubern und die Phantasie von Esoterikern an.
Nach den Beschreibungen von Plinius enstanden diverse Entwürfe des Grabmals, die aber eher an eine Mischung aus „Krieg der Welten“ und Jules Verne erinnern.
Gefunden wurde jedenfalls nie etwas – weder Gold noch die Überreste eines Grabmals. Aber natürlich viele andere Grabstätten und das Labyrinth der unterirdischen Gänge/ Wasserleitungen unter der Stadt.
Das archäologische Museum
Das archäologische Museum beherbergt seit 1901 die umfangreichen Funde aus Chiusi und Umgebung – von der Bronzezeit bis in die Zeit der Langobarden.
Vor einigen Jahren wurde das Museum gründlich entstaubt, die Sammlung geordnet, mit anschaulichen Lehrtafeln in Italienisch und Englisch versehen und ästhetisch ansprechend neu präsentiert.
Ein Rundgang macht wirklich Spass!
Eines der Schmuckstücke ist die Sphynx, eine Grabdekoration aus dem 6. Jh. v. Chr.
Typisch für die Funde aus Chiusi sind die sog. Kanopen: Asche-Urnen aus Ton, deren Deckel „personalisiert“ wurden.
Ab dem 7. Jh. v. Chr. wurden zunächst nur die Augen und Ohren angedeutet, später entstand ein mehr oder weniger realistisches Porträt der Verstorbenen.
Die Urnen wurden wohl auch mehrfach verwendet: Dazu wurden einfach die Gesichtszüge auf dem Deckel verändert – Recycling auf Etruskisch…
Chiusi war ein bedeutendes Handels- und Machtzentrum und daher waren die Grabbeigaben der vornehmen Familien üppig. Nicht nur Keramik und andere Kunstgegenstände aus lokaler Herstellung, sondern auch "Importware" aus Griechenland. Eines meiner Lieblingsstücke ist die attische Vase von ca. 440 v. Chr. mit roten Figuren auf schwarzem Grund, die Penelope und Telemachos darstellt.
Wie lebensecht sitzt Penelope sinnend da, seit zweieinhalbtausend Jahren auf einem zerbrechlichen Tonscherben, fein stilisiert und doch, als würde sie gleich den Kopf heben…
Ristorante Zaira
Nach so viel Kunstgenuss ist man natürlich hungrig. Dann empfehlen wir das "Ristorante Zaira", denn da kann es gleich auch kulinarisch mit der Etruskerforschung weitergehen: z.B. Taube mit Weintraubensauce nach etruskischem Rezept ...
Das familiengeführte Lokal gibt es schon seit Ewigkeiten - Wolfgang war hier bereits in den fernen 80er Jahren zum Essen. Dementsprechend ist die Einrichtung etwas altmodisch und steif, mit Leinentischtüchern und Silberbesteck, denn für die Einheimischen ist es seit Generationen die erste Adresse für ein feines Essen. Die Preise sind aber ganz normal und die Portionen reichlich.
Auf jeden Fall sollte man sich den unter dem Lokal liegenden Weinkeller mit 20.000 Flaschen zeigen lassen, So fliesst also heute Wein statt Wasser durch die alten etruskischen Wasserkanäle und mit einem guten Tropfen aus diesem Reservoir kann man den Tag auch im Zeichen der Etrusker beschließen.
Via Arunte 12, Chuisi. Tel +39 0578 20260, Web: www.zaira.it
Ruhetag: Montag