Schatz, wir fahren ans Meer! Vergiss nicht, die Skier einzupacken
Monti e Mare - Berge und Meer
Wir wollten schon lange einmal nach Ascoli Piceno in den Marken, der Region, die östlich an Umbrien grenzt, und hatten dort in der Nähe eine Übernachtung in einer historischen Villa gebucht.
Da das Meer nicht weit von Ascoli entfernt ist, hatten wir uns entschlossen, auch noch einen Abstecher nach San Benedetto del Tronto zu machen.
Ein typisch italienischer Ausflug also, - eben mal schnell eine der unzähligen kulturellen Sehenswürdigkeiten in Umbrien und der näheren Umgebung anschauen und das mit gutem Essen verbinden.
Aber Italien hat noch mehr zu bieten.
Skifahren im Appenin
Wer kommt zum Beispiel auf die Idee, dass es südlich der Alpen in Italien Hochgebirgslandschaften mit schönen Skigebieten gibt ?
Auf dem Weg von La Rogaia nach Ascoli Piceno kommt man über Forca Canapine, ein kleines Skigebiet oberhalb der Hochebene von Castelluccio. Die großen Skischaukeln, wie in den Alpen, sucht man hier vergeblich, aber es ist nicht überlaufen und es gibt so gut wie keine Wartezeiten an den Liften.
Außerdem kann man auf Langlaufskiern wunderbare Ausflüge durch die Gebirgslangschaft unternehmen. Zu hohe Ansprüche an die Loipen sollte man nicht stellen, aber dafür kann man, fast wie bei einer Skitour, problemlos und ohne Lawinengefahr querfeldein laufen.
Klar, dass ich hier meine neuen Langlaufski einweihen wollte, nachdem in der näheren Umgebung von München schon alle Loipen weggeschmolzen waren.
Zuerst allerdings, kurz vor Norcia, ein kleiner Imbiss in der „Bar Italia“ in Serravalle, einer Mischung aus italienischer Bar und Spezialitätenmetzgerei, einem Ableger von Moscatelli Tartufi Norcia.
Norcia ist nämlich DIE italienische Wurstmetropole und gute Wurstwaren werden in Italien als „Norcineria“ bezeichnet. Dementsprechend ist in Italien auch der Schinken aus Norcia und nicht etwa der Parmaschinken das Maß der Dinge (gut, in Parma sieht man das natürlich anders:-) Folgerichtig lassen wir uns von der stark geschminkten Dame an der Theke auch zwei riesige Schinkenpanini machen, die locker für zwei Mahlzeiten reichen.
Dann geht’s weiter, an Norcia vorbei, die Paßstraße hoch nach Forca Canapine, auf einer Straßenseite der steile Abgrund zur Hochebene von Norcia auf der anderen meterhoch aufgetürmte Schneewände.
Von der höchsten Stelle des Passes aus, der Grenze zwischen Umbrien und den Marken, fahren wir noch ein Stück bergab bis zur Abzweigung zum Refugio Colle le Cese (Refugio ist eine Berghütte, oft mit Restaurant).
Von hier aus lege ich dann mit meinen Langlaufskiern los. Wie gesagt, wirkliche Loipen sind nicht vorhanden, aber der Schnee trägt gut und ich vermisse sie nicht.
Gut zwei Stunden mache ich die Bergwelt unsicher, bevor ich zum Refugio zurückkehre.
Annette, die mich anfangs noch ein Stück begleitet und dabei bergauf zu Fuß schneller war als ich mit Skiern, erwartet mich schon.
Noch ein schneller Kaffee im Refugio und dann geht es weiter nach Ascoli, Luftlinie 35 Kilometer von Forca Canapine entfernt. Auf den verschlungenen Serpentinenstraßen gefühlt natürlich etwas mehr.
Ascoli Piceno
Die Altstadt von Ascoli Piceno, Partnerstadt von Trier, liegt im Süden der umbrischen Nachbarregion Marken, malerisch auf einem Fels zwischen zwei Flüssen, dem Tronto und dem Castellano, auf drei Seiten von hohen Bergstöcken eingerahmt.
Die Altstadt ist berühmt dafür, dass die meisten Gebäude aus Travertin gebaut sind, und gehört zu den schönsten von ganz Italien.
Ascoli wird auch die Stadt der hundert Türme genannt, weil dort bis heute eine Vielzahl der „torri gentilizi“, d.h. der alten Geschlechtertürme und der Glockentürme noch erhalten ist.
Zufällig war am Tag unserer Ankunft auch Antiquitätenmarkt.
Wären wir mit einem größeren Auto gekommen, wären wir sehr wahrscheinlich der Versuchung erlegen, das eine oder andere außergewöhnliche Stück für die weitere Verschönerung unserer Ferienwohnungen mitzunehmen. So begnügen wir uns damit, die schönen Stücke zu bewundern.
Einer Versuchung der wir nicht widerstehen wollen, sind dagegen die „Olive Ascolane“, große, panierte und frittierte Oliven mit einer feinen Fleischfüllung. Hier gibt es sie an jeder Ecke zu kaufen und frisch zubereitet schmecken sie sehr viel besser, als die, die man überall in Italien in den Supermärkten findet.
Borgo Storico Seghetti Panichi
Unsere Unterkunft liegt in Castel di Lama, mit dem Auto zwanzig Minuten von Ašculë, wie Ascoli Piceno im Dialekt seiner Bewohner genannt wird.
Annette hat ein Appartement im Borgo Storico Seghetti Panichi, einer alten Villa gebucht, deren Park im vorletzten Jahrhundert von Ludwig Winter, einem zu seiner Zeit berühmten, deutschen Botaniker und Gartenarchitekten gestaltet wurde, und zu den „Grandi Giardini Italiani“, den hundert bedeutendsten Gärten Italiens gehört.
Bemerkenswert ist, dass es hier nur zwanzig Kilometer vom für seine schneereichen, frostigen Winter bekannten Ascoli Piceno entfernt, ein Mikroklima gibt, das es erlaubt, Palmen und andere tropische Gewächse im Freien zu pflanzen.
Wir beschließen den Tag im hervorragenden Ristorante der Villa, bevor wir uns in unserer schnucklig edlen "Prinzessinnensuite" zur Ruhe begeben. Die Villa gehört übrigens tatsächlich einer echten Prinzessin, der Principessa Giulia Panichi Pignatelli, einer netten, älteren Dame, die wir treffen, als sie im Park mit ihrem Spaniel spazieren geht.
San Benedetto del Tronto
San Benedetto del Tronto ist die fünftgrößte Stadt der Marken mit dem größten Fischereihafen der Adria.
Wir fahren die lange, palmengesäumten Strandpromenade in Richtung Hafen. Hier reiht sich ein Strandbad ans andere, manche sehr schön, viele eher so lala.
Auf der Landseite der Uferpromenade begleiten Hotelanlagen den Strand, die meisten davon nicht wirklich schön. Erst als wir uns dem Hafen nähern, tauchen mehr der alten, vergleichsweise kleinen und wunderschön verschnörkelten Hotels aus der Zeit des Fin de Siècle auf.
Es ist Sonntagmittag und daher im Hafen alles ruhig. Die Fischerboote dümpeln an den Kais vor sich hin. und außer einigen Touristen ist kaum jemand unterwegs.
Mit einer Ausnahme: an einem kleinen Hafenrestaurant, eigentlich eher eine Imbissbude, sehen wir Leute, Einheimische wie es scheint.
„Nudo & Crudo“ „Nackt und Roh“ heißt das Ding. Und so sieht es von außen auch aus.
Aber die frisch zubereiteten Meeresfrüchte in der Vitrine und die frittierten Tintenfische, die bergeweise auf die Teller der Gäste wandern, scheinen lecker zu sein.
In einem Zeltanbau sitzt man warm und windgeschützt. So entscheiden wir, nicht in eines der vornehmeren Ristoranti an der Strandpromenade zu gehen, bestellen von allem etwas, frisch perlenden Weißwein dazu, und bereuen es nicht.
Alles ist frisch, wirklich gut, der sonst oft zähe Tintenfisch butterweich. Und wieder einmal stellen wir fest, dass die Italiener, bei allem was in Italien sonst auch nerven mag, für manche Dinge schon das richtige Händchen haben.
Dolce far niente? Daran könnten wir uns gewöhnen.
Jetzt noch ein ausgedehnter Verdauungsspaziergang am Strand, unverzichtbar wenn wir am Meer sind, und dann geht es wieder zurück nach Umbrien. In gut 2 1/2Stunden , natürlich mit einer kleinen Kaffeepause, sind wir wieder zurück in La Rogaia.